Die Temporary Gallery. Zentrum für zeitgenössische Kunst ist nicht nur eine Institution, sondern auch ein Netzwerk. In dieser Reihe wollen wir euch die Menschen vorstellen, die an unserer Arbeit beteiligt sind und die Realisierung unserer Projekte erst möglich machen. Heute lernt ihr Maria Babusch kennen, die mit ihrer Lesereihe HOSPITALITY BETWEEN FOLDS Reihe für Gastliche Literatur einen literarischen Gastraum in der Ausstellung von Kinke Kooi und Roland Schimmel kreiert, der das Thema der Falte aufgreift und erweitert.
Interview: Nelly Gawellek
Juli 2025
Liebe Maria, mit deiner Lesereihe gehörst du zu den Kollaborateur*innen, die das Programm der Temporary Gallery erweitern. Wie hast du die Temporary Gallery kennengelernt?
Ich lebe ja, auch wenn ich vorher öfter zu Besuch war, noch nicht einmal zwei ganze Jahre in Köln. Daher erinnere ich mich noch gut daran, wie mir die Temporary Gallery erstmals auffiel, als ich frisch hergezogen war. Wobei es gar nicht wirklich ein Auffallen war. Die Tempo ist ein so zentraler Bezugsort, es hätte an ihr wohl kein Weg vorbei geführt. Wirklich kennengelernt habe ich den Ort dann aber erst durch die Einladung von Lisa Klosterkötter. Alles was ich von der Tempo kenne, kenne ich von ihr.
Deine Lesereihe findet im Rahmen der Ausstellung von Kinke Kooi und Roland Schimmel statt. Wie ging es dir in der Ausstellung? Welche Gedanken hat sie bei dir angestoßen?
In der Ausstellung habe ich eine Wärme und ein Gefühl von Geborgenheit erlebt, die mich sofort ansprachen. Diese Gefühle transportieren sich im Ausstellungsraum durch sensorische Erfahrungen, wie dem des Teppichbodens unter den Füßen. Den Arbeiten von Kinke und Roland wiederum ist eine Offenheit zu eigen, die nie zur Beliebigkeit wird, sondern die es gerade ermöglicht, dass wir in ihnen etwas Vertrautes (wieder-) erkennen. Aus diesem Aspekt heraus entwickelte sich meine Beschäftigung mit dem Thema der Gastlichkeit für die Lesereihe
Wie würdest du das Verhältnis zwischen Literatur und Kunst beschreiben? Welche Rolle spielt das für deine Arbeit?
Aus dem Publikum kamen bei der Lesereihe mitunter fast ungläubige Stimmen: Wie gut sich hier doch Literatur und Kunst ergänzten und wieso es sowas nicht öfter gäbe, wo es doch so naheliegend sei. Tatsächlich glaube ich, dass Literatur und Kunst manchmal, bei allem gegenseitigen Respekt und auch Bewunderung, Berührungsschwierigkeiten haben. Zu unterschiedlich sind die Sprachen, in denen sie zum Ausdruck kommen. Dabei gehören sie meiner Meinung nach gerade in ihrer Verschiedenheit zusammen und bereichern sich. Denn es war schon immer so, dass die Kunst in der Lage ist Dinge auszudrücken, die für die Literatur nicht darstellbar sind. Gleichzeitig kann die Literatur manches zur Sprache bringen, was in der Kunst nur durchs Bild huscht.
Hattest du als Kind ein Lieblingsbuch? Wenn ja, welches? Wann ist bei dir der Wunsch entstanden, selbst als Autorin zu arbeiten?
Als Kind ist es ja oft so, dass das Lieblingsbuch immer das ist, das man gerade liest. So hat man das Glück auf eine lange Reihe von Lieblingsbüchern zurückschauen zu dürfen. Ich greife mal das erste Buch heraus, das ich selber gelesen habe: „Der kleine Vampir“.
Wenn man nicht gerade selber aus einer Familie mit entsprechender Prägung kommt, gilt Autorin oder Künstlerin ja lange Zeit nicht als „richtiger” Beruf. Daher dürfte bei mir erst als ältere Teenagerin die Vorstellung gereift sein, als Autorin zu arbeiten. Das Schreiben begann aber bereits viel früher. Schon bevor ich schreiben konnte, begann ich damit, DinA4-Seiten in der Mitte zu falten und auf die so entstandenen Innenseiten mit einem Kugelschreiber meiner Mutter so viele wellenförmige Linien wie möglich zu schreiben. Den Inhalt dieser ersten Texte kannte natürlich nur ich.
Hast du eine Leseempfehlung für die Sommerferien?
Die Sommerferien sind die ideale Zeit, um uns an die größeren Leseprojekte heran zu trauen. Die stehen meistens eh schon seit Jahren im Regal, da muss man nicht einmal etwas Neues kaufen. Denn auch wenn der Urlaub nicht lang genug ist, um bis ans Ende zu kommen, so ist man wenn man wieder Zuhause ist bereits so in die Textwelt eingesunken, dass man das Buch automatisch in den Alltag integrieren wird. Ob also „Middlemarch”, „Der Zauberberg”, oder „Die Jakobsbücher”: Lasst Platz im Koffer für einen dicken Schinken!
Gibt es eine Ausstellung oder Kunstwerk - egal wo - das dich zuletzt beeindruckt hat?
Eine Leihgabe des Centre Pompidou war es, die mich kürzlich, als ich bei einem Wochenende die Hamburger Kunsthalle besuchte, beim Betreten der Ausstellung als Erste entgegen starrte und mich tief berührt hat: Giorgio de Chiricos Porträt von Guillaume Apollinaire. Das Gemälde war mir vorher vor allem durch das Cover der Sonderausgabe von Gustav René Hockes „Die Welt als Labyrinth” vertraut war: eine Studie über den Manierismus, die mir zentrale Impulse für meine Arbeit zum Motiv der Falte gegeben hat.