Zeit, der Gewerkschaft beizutreten! Wie Kulturschaffende mit Gewerkschaften zusammenarbeiten können

Teil I: 15 April 2021 – Workshop “Solidarität in der Gewerkschaft praktizieren. Oder: wie KulturarbeiterInnen in der Pandemie am Leben bleiben können...", mit Anna Marjankowska
Online (Zoom), auf Englisch, bitte bis zum 14.04 den folgenden Fragebogen ausfüllen unter: https://forms.gle/H9fxoDt9nEgZqUGYA

Teil II: 16 April 2021 – Podiumsdiskussion mit Patrick Lohner, Nina Paszkowski, Phillip Stewart und ehemaligen MitarbeiterInnen der drei Münchener Filialen der Buchhandlung Walther König
Online (Zoom), auf Deutsch, bitte meldet euch unter folgendem Link an:  https://zoom.us/meeting/register/tJwkdO2hpzsuGdYLmAvEpk7bHafS9vKGMTY2

Leider ist es nicht mehr selbstverständlich, Mitglied in irgendeiner Art von ArbeiterInnenorganisation zu sein. Wir neigen dazu, unsere Probleme, die mit dem Arbeitsplatz zusammenhängen, individuell zu lösen, versuchen sie zu bewältigen, mit Hilfe von Coaching, Training und Therapiesitzungen. Wir tendieren dazu, zu vergessen, dass die Quelle unserer Probleme strukturell zu finden ist. Es ist das Kunstsystem selbst, daher braucht es Kollektive, eine Gruppe von Menschen, um Veränderungen durchzusetzen. Das Ziel dieser zweitägigen Veranstaltung ist es, zeitgenössische Gewerkschaften als eine echte Alternative zu individuellen Kämpfen zu präsentieren, um dazu zu ermutigen, sich zu engagieren und Mitglied einer Gewerkschaft zu werden.

Am ersten Abend wird ein Workshop für KunstarbeiterInnen angeboten, siehe nachstehende Beschreibung. Am zweiten Abend werden wir uns zwei Fälle der Zusammenarbeit von KünstlerInnen mit ArbeiterInnengewerkschaften näher ansehen. Nina Paszkowski/Freie im Museum und Phillip Stewart/ver.di werden über eine erfolgreiche Aktion sprechen, die sie unternommen haben, um die Arbeitshonorare von freien MitarbeiterInen in Kölner Museen zu erhöhen. Patrick Lohner/Freie Arbeiter Union (FAU) und ehemalige MitarbeiterInnen der drei Münchener Filialen der Buchhandlung Walther König werden über den aktuellen Kampf für die Rechte der Beschäftigten in den Buchhandlungen sprechen.

 

Teil I: 15.04, 19:00

Workshop "Praktizierende Solidaritätsgewerkschaft. Oder wie ein Kulturarbeiter in der Pandemie überleben kann?", mit Anna Marjankowska

Wurden Sie schon einmal nach Ihrer Meinung zur Budgetplanung und Ressourcenverteilung in Ihrer Institution gefragt? Hatten Sie jemals das Gefühl, dass Sie für Ihr Engagement nicht angemessen entlohnt wurden? Wann war Ihre letzte Gehaltserhöhung? Wie viele Stunden haben Sie im letzten Monat gearbeitet? Wie viele davon waren unbezahlt?

Wenn Sie sich überbeansprucht, unterbezahlt, müde, hoffnungslos und verängstigt fühlen, Ihren Job zu verlieren, und trotzdem versuchen, während einer globalen Pandemie interessante Kunstprojekte an das Publikum zu bringen - dann können Sie diesen Workshop mit einem Plan verlassen, wie es weitergehen soll.

Der Workshop richtet sich an Beschäftigte in der Kunstbranche - angestellt in Institutionen, auf der Suche nach Fördergeldern, FreiberuflerInnen, Mehrfachbeschäftigte, ProjektkoordinatorInnen, KünstlerInnen, KuratorInnen, KunsthandwerkerInnen. Sie arbeiten aus der Ferne, in den Büros, an den Küchentischen.

Mittels Strategien des solidarischen Gewerkschaftswesens werden wir Methoden zur Kartierung des physischen und sozialen Umfelds unserer Arbeitsplätze durchgehen und nach Elementen suchen, die ArbeiterInnen verändern können, um größere Veränderungen auszulösen, die einen realen Einfluss auf ihren Alltag, ihr Arbeitssystem, ihre psychische Gesundheit und die spezifischen Arbeitsbedingungen in der Kunstwelt und der Kreativindustrie haben können.

Der Workshop ist für max. 15 Personen konzipiert und wird aus 3 Teilen bestehen:

(1) Ihren Arbeitsplatz kennenlernen und die Machtstruktur abbilden,

(2) Ihre Aufgaben finden, Ihre Freunde finden,

(3) was passieren wird, wenn Sie anfangen, sich zu organisieren.

Der Workshop wird 1,5h dauern.

Die Teilnehmer werden gebeten, ein Anmeldeformular auszufüllen, das auch als Umfrage dient, um die Erwartungen abzubilden und bestimmte Themen am Arbeitsplatz zu priorisieren (bis 14.04: https://forms.gle/H9fxoDt9nEgZqUGYA).

Anna Marjankowska ist der Alptraum deines Arbeitgebers, Forscherin für moderne Arbeitsbedingungen, spezialisiert auf den Kunstbereich, schrieb eine MA-Arbeit zum Thema "Produktion von 'Mehrwert' und Diskurs der Kreativität. Spreading Beyond the Art Field', begann 2018 mit der Organisierung von SchlüsselarbeiterInnen mit radikalen gewerkschaftlichen Taktiken. In den Jahren 2018-2020 hatte sie Positionen in den Vorständen der höchsten Institutionen der Arbeiterbewegung in Island inne (Alþýðusamband Íslands, Efling stéttarfélag), derzeit arbeitet sie im Pflegesektor. Spezialisiert auf die Organisation von "heißen" Arbeitsplätzen: Konfrontation mit Lohndiebstahl, Bedrohung der Arbeiter mit Konkurs und Gruppenentlassungen.

 

Teil II: 16.04, 19.00 Uhr

Podiumsdiskussion mit Patrick Lohner, Nina Paszkowski, Phillip Stewart und ehemaligen MitarbeiterInnen der drei Münchner Filialen der Buchhandlung Walther König

Patrick Lohner kommt aus München und ist seit rund 15 Jahren gewerkschaftlich engagiert. In seinem Broterwerb als Koch ist dies auch bitter nötig, sind die prekären Beschäftigungsverhältnisse dort bekanntlich besonders ausgeprägt. Seine gewerkschaftliche Heimat ist die Freie Arbeiter Union (FAU), in der er auch viele Jahre in der Redaktion der Gewerkschaftszeitung "Direkte Aktion" mitgewirkt hat. Derzeit ist er in der FAU-München im Gewerkschaftssekretariat aktiv und betreut den Arbeitkampf bei der Buchhandelskette Walther König.

Nina Paszkowski studierte Malerei am Camberwell College of the Arts in London und zog nach ihrem Abschluss 2013 nach Madrid wo sie u.a. in der Galeria MaisterraValbuena und im Museo del Traje ausstellte. Nach ihrem MA in Kunstwissenschaften, den sie an der Maastricht University 2016 erwarb, arbeitete sie freiberuflich als Projektkoordinatorin für die Akademie der Künste der Welt/Köln. Zurzeit leitet sie neben ihrer künstlerischen Tätigkeit kunstpädagogische Werkstätte für den Museumsdienst Köln, das Kölner Institut für Kulturarbeit und das ModeKollektiv in Bocklemünd. 2017 gründete sie mit Freunden die School of Political Hope, eine Graswurzel Initiative die mit künstlerischen Methoden (z.B. Storytelling Events, Organizing-Workshops, Kunstaktivismus-Aktionen) politisch-soziale Prozesse anstoßt. Seit 2019 ist sie Teil der Initative Freie im Museum, die sich für bessere Bedingungen der freiberuflichen Mitarbeiter*innen der Kölner Museen einsetzt.

Die von ver.di unterstützte Initiative der Freien im Museum versteht sich als unabhängige Interessensvertretung aller Freien MitarbeiterInnen der Kölner Museen im Bereich Kulturvermittlung und ist auch mit rheinischen KollegInnen verbunden. Ziel der Initiative ist es, die Positionen und Honorarbedingungen der freien MitarbeiterInnen im Museum zu stärken. https://www.facebook.com/FreieImMuseum/

Philipp Stewart ist Gewerkschaftssekretär bei der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di Bezirk Köln-Bonn-Leverkusen.

Eine Gruppe von 11 Studierenden der Kunst, Kunsterziehung und des Bühnenbildes an der Akademie der Bildenden Künste in München sowie der Theaterregie und Kunstgeschichte an anderen Universitäten. Die Dauer ihrer Anstellung bei König-Buchhandlungen lag zwischen 1 Jahr und 4 Jahren. Links zum Thema:

https://fau-m.de/index.php/de/aktuell/68-2021-de/204-die-kunst-der-ausbeutung-und-entrechtung-zust%C3%A4nde-bei-der-buchhandelskette-walther-k%C3%B6nig

https://www.tagesspiegel.de/wissen/beruehmte-museen-billige-arbeitskraefte-werkstudierende-bei-walther-koenig-protestieren/27000718.html

https://www.stadtrevue.de/archiv/artikelarchiv/06930-waltherwenig/

 

Die Veranstaltungen sind Teil des Projekts „und nur die Vögel fliegen erste Klasse...“, das zum Nachdenken über die Strukturen des Kunstsystems und mögliche Reaktionen auf sie einlädt. Sein Ziel ist es, über die gewöhnliche Kritik an den Mechanismen der Kunstszene hinauszugehen und progressive Ideen und Lösungen zu präsentieren. Der Titel des Projekts stammt aus dem Song „Mr. Nichols “von Coldcut und Saul Williams, eine sehr treffende Beschreibung des emotionalen Zustands der Verzweiflung, Desorientierung und der Notwendigkeit einer Wende, um eine Welt zu erreichen, in der „nur die Vögel in der ersten Klasse fliegen“.

Das Projekt wird von Aneta Rostkowska, Direktorin der CCA Temporary Gallery, kuratiert.

Partner:
BBK Köln
And She Was Like Bäm!

Finanzierung und Unterstützung:
Kunststiftung NRW
Kulturamt der Stadt Köln
Hotel Chelsea
Deltax Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft mbH

Credit: Streikende von der International Ladies Garment Workers Union