Dolores (tegimus mundum)

 

Dolores Cacuango, auch bekannt als Mamá Doloreyuk (1881–1971), wurde in eine Familie analphabetischer, unbezahlter Landarbeiter*innen hineingeboren, die auf einem großen Kolonialanwesen in der Nähe von Cayambe, Ecuador, lebten. Fast 50 Jahre später kehrte sie dorthin zurück– als eine der Anführerinnen eines historischen Streiks, der zu einem Meilenstein für die Rechte der Indigenen und Landarbeiter*innen im Land werden sollte. Zu diesem Zeitpunkt arbeitete Dolores als Hausangestellte in der Hauptstadt Quito, wo sie begann, Spanisch zu lernen. 

Zwischen den 1930er- und 1960er-Jahren war sie eine der ersten Aktivistinnen des ecuadorianischen Feminismus. Während der Revolution von 1944, die die Diktatur von Carlos Arroyo stürzte, führte sie einen Angriff auf einen Militärstützpunkt der Regierung an und markierte damit den Beginn einer Revolution, die gemeinsam von einem Bündnis aus Arbeiter*innen und Bäuer*innen getragen wurde und bedeutende Fortschritte erzielte: Es wurde ein Mindestlohn eingeführt; und die Bewegung nahm sich ihren Raum in der Zivilgesellschaft. Dolores gründete die ersten selbstorganisierten, zweisprachigen (Spanisch-Quechua) Indigenen Schulen, damit niemand wie sie als Analphabetin aufwachsen musste. Die Schulen bestanden bis 1964, als sie unter der nächsten Diktatur als „Brutstätten des Kommunismus“ geschlossen wurden. Wir sind wie die Gräser der Andenhänge, reißt sie aus und sie wachsen wieder, natürlich vereint wie ein gewebter Poncho. Mit diesem Gras werden wir die Welt bedecken.

Dolores hatte neun Kinder, von denen nur eines überlebte, und litt in späteren Jahren unter massiven gesundheitlichen Problemen. Aber das bahnbrechende Erbe, das sie und ihre jüngeren Kameradinnen wie Tránsito Amaguana hinterließen, lebte und entwickelte sich weiter. Das zeigte beispielhaft der Massenaufstand der Indigenen Ecuadorianer*innen Ende 2022, als diese gegen Sparmaßnahmen und den Abbau natürlicher Ressourcen protestierten. Wir brauchen Land. Wir brauchen Häuser. Wir brauchen Kleidung, Essen, Essen. Wir wollen gut behandelt werden. Wir sind Menschen. Wir wollen gut leben.

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Dolores Cacuango, also known as Mamá Doloreyuk (1881–1971), was born into a family of illiterate wage-less peasants working on a large colonial estate near Cayambe, Ecuador, to which she would return nearly 50 years later to be one of the leaders of a historic strike which was a milestone for Indigenous and peasant rights in the country. By then she worked as a domestic servant in the capital city Quito where she set out to learn Spanish. Between the 1930s and 1960s she was one of the first activists of Ecuadorian feminism. During the 1944 revolution, which overthrew the dictatorship of Carlos Arroyo, Dolores led an assault on a government military base, the starting of a revolution made by an alliance of workers and peasants. Significant gains were made: a minimum wage was established and space in civil society was taken. Dolores was establishing the first self-organised bilingual (Spanish-Quechua) Indigenous schools so that no one had to be brought up illiterate as she had been. The schools lasted until 1964 when another dictatorship closed them down as “nests of Communism”. We are like the grasses of the Andean slopes, pull it out and it grows again, naturally united like a woven poncho. With this grass we will cover the world.

Dolores had nine children, only one of whom survived, and in later years suffered from disabling health difficulties. But the pioneering legacy of her and younger comrades like Tránsito Amaguana lived on and developed as seen in the powerful uprising of Indigenous Ecuadorians late in 2022 in its resistance to austerity and opposition to natural resource extraction. We need land. We need homes. We need clothes, food, to eat. We want to be treated well. We are human beings. We want to live well.

SEEDS RENAMED
Ines Doujak