GESCHICHTE WIRD GEMACHT
Ein Vortrag von Friederike Habermann mit anschließendem Gespräch mit Dr. Eva Weiler
30 Oktober 2020
Ort: Temporary Gallery
Mauritiuswall 35, D 50676 Köln
Anmeldung erforderlich unter assistant@temporarygallery.org.
Ausgehend von Ihren eigenen Erfahrungen der zapatistischen Bewegung in Mexiko in den 90ern skizziert die Historikerin, Aktivistin und Ökonomin Friederike Habermann die eigene Geschichte Ihrer Auseinandersetzung mit den Themen Landraub, Macht und Eigentum. Mit der von Ihr beschriebenen „Ecommony“ (im Wortspiel mit Economy) entwickelte Sie schließlich in ihrem Buch „Ecommony: UmCARE zum Miteinander“ (Ulrike Helmer Verlag, 2016) Prinzipien für ein neues Wirtschaftssystem, deren Ansätze sich bei sozialen Bewegungen, in technischen Entwicklungen und nicht zuletzt im Alltag von immer mehr Menschen bereits finden lassen. Wesentlich in all dem ist der Begriff der ›Commons‹. Damit wird Eigentum, das auf Ausschluss beruht, durch Besitz ersetzt: Es zählt, wer etwas tatsächlich braucht und gebraucht. Zudem befreit eine »Ecommony« unsere Lust und unser Bedürfnis, uns in dieser Welt vielfältig zu betätigen. Im Gespräch mit der Philosophin Eva Weiler werden anschließend verschiedene Bezüge zu den aktuellen Ausstellungen in der Temporary Gallery und im Strizzi Ausstellungsraum hergestellt.
Der Vortrag und das Gespräch finden im Kontext einer Kollaboration von Strizzi Ausstellungsraum und Temporary Gallery und ihrer aktuellen Ausstellungen „to re - collect“ (Strizzi Ausstellungsraum) bzw. "A Sequence of Events in the Lives of the Dormant“ (Temporary Gallery) statt.
Friederike Habermann ist eine deutsche Volkswirtin, Historikerin und Aktivistin mit einem Doktortitel in Politikwissenschaft sowie freie Autorin und Wissenschaftlerin. Ihr besonderes Interesse gilt der Interdependenz von Herrschaftsverhältnissen, den Möglichkeiten eines nichtkapitalistischen Wirtschaftens sowie dem globalen Widerstand. Anfang der 1980er-Jahre begann sie sich politisch zu engagieren und nahm 1996 am First Intercontinental Meeting against Neoliberalism and for Humanity in Chiapas, Mexiko teil. Habermann ist in der globalen Widerstandsbewegung Peoples Global Action aktiv, deren Geschichte sie in ihrem Buch „Geschichte wird gemacht. Etappen des Globalen Widerstands“ (2014) erzählt. Ihre weitere Bücher befassen sich mit alternativen ökonomischen Ansätzen: „Aus der Not eine andere Welt“ (2004) erforscht die Alternativwirtschaft in Argentinien nach der Finanzkrise 200, „Halbinseln gegen den Strom“ (2009) beschreibt verschiedene alternative Wirtschaftsprojekte im deutschsprachigen Raum. In „Ecommony“ (2016) befasst sich Habermann mit den gegenwärtigen Tendenzen einer Commons-based Peer Production in Ansätzen anderen Wirtschaftens, basierend auf den Hauptprinzipien „Besitz statt Eigentum“ und „Beitragen statt Tauschen“. Hiermit verbindet sie die Vision eines nichtkapitalistischen gesamtgesellschaftlichen Wirtschaftens, das auf „struktureller Gemeinschaftlichkeit“ statt auf dem „strukturellen Hass“ der Konkurrenz beruht. In allen diesen Texten verbindet Habermann eine Analyse transformatorischer Prozesse mit einer feministischen Perspektive. Sie lebt in einem commons-basierten Projekt in der Nähe von Berlin.
Dr. Eva Weiler ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Institut für Philosophie an der Universität Duisburg Essen.2013 bis 2014 war sie Doktorandin im deutsch-französischen Forschungsnetzwerk „Saisir l’Europe – Europa als Herausforderung“ an der Goethe Universität Frankfurt am Main. 2006 bis 2012 studierte Weiler Philosophie, Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft, Politik und Soziologie in Frankfurt, Erfurt und Paris. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören Politische Philosophie, Rechtsphilosophie, Eigentum und Territorium, Natürliche Ressourcen und Ökologie.
Bilder
Paula Baeza Pailamilla und Sebastian Calfuqueo, Foto aus der Performance "Wir haben Kolumbus verbannt", 12.10.2020, Foto: Thomas Reul