Die Temporary Gallery. Zentrum für zeitgenössische Kunst ist nicht nur eine Institution, sondern auch ein Netzwerk. In dieser Reihe wollen wir euch die Menschen vorstellen, die an unserer Arbeit beteiligt sind und die Realisierung unserer Projekte erst möglich machen. Heute stellen wir euch Paula Erstmann vor.

Interview und Redaktion: Nelly Gawellek
Juni 2025

Liebe Paula, du bist Künstlerin und dein Medium sind Lebensmittel. Was war die letzte Mahlzeit, die du dir selbst zubereitet hast?

Ich war gestern auf dem Markt und habe für ein Projekt eingekauft. Dort gab es ganz frische, dicke Bohnen und frische Zwiebeln. Die habe ich gestern Abend gegessen und es hat nach Sommer geschmeckt. Ich liebe es, auf Wochenmärkten einzukaufen und mich überraschen zu lassen, was gerade in der Region reif ist. Wenn ich für Projekte reise, ist mein erster Stop immer der Markt, denn der erzählt so viel von der Region und der Jahreszeit.

Wie kamst du zu deinem Beruf und zu deinem ganz speziellen Interesse an Essen als Ausdrucksform?

Ich habe schon früh mit dem Kochen angefangen, denn wegen einer Lebensmittelallergie als Jugendliche wurde das Selberkochen essenziell für mich. Nach dem Abitur habe ich mich aber gegen die Köchinnenlehre entschieden und für ein Kunststudium. Trotzdem hat mich das Kochen nie losgelassen. Während des Studiums habe ich angefangen, auf Ausstellungen zu kochen und meinen Abschluss mit einem Kochbuch und einem Dinner gemacht. Vielleicht bin ich heute immer noch Gestalterin, nur ist mein Medium das Essen.

Was ist dir bei deiner Arbeit besonders wichtig?

Das Zusammenkommen, das gemeinsame Austauschen und Entdecken, das Mitmachen und Teilhaben. Ich glaube, dass Essen in der Kunst eine ganz andere sinnliche Erfahrungsebene eröffnen kann, also was bei den Essenden passiert, wie sie das Essen erleben und welche Erinnerungen, Gespräche und Verbindungen dadurch entstehen. Essen als künstlerische Praxis ist für mich untrennbar mit dem Gemeinsamen verbunden – es entsteht immer im Dialog mit anderen.

Du hast schon einige Projekte in der Temporary Gallery begleitet. Gab es für dich besondere Situationen oder Highlights, die dir im Gedächtnis geblieben sind?

Definitiv die Temporary Kitchen, die ich gemeinsam mit Lisa Alice Klosterkötter entwickelt habe und die wir besonders intensiv im Sommer 2023 bespielt haben und bis heute immer wieder aktivieren. Die mobile Küche ist ein Ort des Zusammenkommens, der nicht an den Innenraum der Temporary Gallery gebunden ist, sondern in den öffentlichen Raum wandern kann und Nachbar*innenschaft, Vorbeilaufende und Interessierte einlädt, teilzuhaben, mitzukochen, mitzudenken und mitzuessen. Wir haben schon zu unterschiedlichen Themen und mit verschiedensten Kooperationspartner*innen gekocht und gegessen und ich freue mich schon auf kommende Veranstaltungen.

Du lebst in Berlin. Was verbindest du mit Köln und der Temporary Gallery?

Köln ist für mich ein Ort des gemeinsamen Kunstmachens. Ich habe die Stadt durch die Teilnahmen an Ausstellungen kennengelernt und ganz besonders durch das Veranstalten von Essen und das Feiern von Künstler*innenfesten. Die Temporary Gallery ist dabei ein ganz zentraler Ort für mich, der Raum für Formate des Zusammenkommens, sich Austauschens, des Erprobens und des Ins-Handeln-Kommens gibt. Ein Ort, der möglich macht.

Was beschäftigt dich gerade abseits deiner Arbeit? Hast du eine Lieblingsserie oder eine Leseempfehlung?

Am Ende dreht sich bei mir fast alles ums Essen – auch beim Lesen und Schauen. Immer wichtiger wird bei mir die Regionalität und Saisonalität der Lebensmittel, die ich nutze. Spannend finde ich gerade alles rund ums Foraging – also das Sammeln und Zubereiten von Wildkräutern und -pflanzen. Es gibt unendlich viele Videos, Websites und Accounts, die sich damit beschäftigen. Mit Jasmine Parsley (Instagram: @jasmineprsly), einer Künstlerin, die spannende performative Spaziergänge macht, habe ich auch schon zusammengearbeitet und hier habe ich kürzlich viele tolle Rezepte zu Fichtenspitzen und Kiefernzapfen entdeckt.