ZUKUNFT MIT BEHINDERUNGEN
Präsentation von Zofia nierodzińska
Do 11 September, 19 Uhr
Sprache: Deutsch
Präsentation von Zofia nierodzińska über ihre kuratorische Praxis, die auf Verbundenheit und Zugänglichkeit basiert.
Ausgehend von der Publikation „Politiken der (Un)Zugänglichkeit“ (2023, red. Zofia nierodzińska), die eine Fortsetzung der gleichnamigen Ausstellung war, wird nierodzińska ihre Erfahrungen als Kuratorin und Kulturarbeiterin teilen. Der Fokus liegt dabei auf marginalisierten Positionen, die durch ihre universelle Verletzlichkeit verbunden sind.
Die Zukunft mit Behinderungen ist ein universalistisches Projekt, das marginalisierte Positionen in den Mittelpunkt des Interesses rückt und von denen ausgehend futuristische, spekulativ-realistische Konzepte entwickelt. Diese Praxis ist durch ihre radikale Zugänglichkeit geprägt, die sich in Form einer Verbündeten Institution (Affinity Institution) materialisiert. Diese Institution ist selbstreflexiv, offen und kritisch zugleich. Sie funktioniert translokal in Form einer Plattform oder vernetzten Infrastruktur, bezieht sich auf Erfahrungen von Akteur:innen der Institutionskritik, sucht gleichzeitig jedoch mehr affirmative Bezugspunkte wie „Das radikaldemokratische Museum“ (Nora Sternfeld) oder das „Museum der Gegenwärtigen Kunst“ (Jerzy Ludwiński). Verbundenheit zu praktizieren bedeutet, dass die Institution bereit ist, Verantwortung für das zu übernehmen, was sie sagt und wo sie versagt. Es bedeutet, furchtlos darüber nachzudenken, was sie sein könnte, zusammen mit dem, was sie bis jetzt war. Verbundenheit wird praktiziert, indem konkrete Solidarisierungsmomente gelebt werden, was manchmal auch eine Desintegration erfordert.
Veranstaltung ist Teil des Residenzprogramms der Temporary Gallery als auch der Reihe The Curatorial Unknown. The Curatorial Unknown ist eine Reihe von Treffen, die der kuratorischen Praxis gewidmet sind und von der Temporary Gallery initiiert und in Zusammenarbeit mit einer Gruppe von Kuratoren und Institutionen aus Köln und der Region gestaltet werden. Die Treffen sind offen für alle, die sich für das Kuratieren interessieren.
RESIDENZPROGRAMM
Zofia nierodzińska
Wir freuen uns, unsere neue Residentin Zofia nierodzińska in Köln zu begrüßen. Zofia wird sich vom 1 bis zum 18 September in Köln aufhalten, ihre kuratorische Praxis in einer Veranstaltung präsentieren und Feedbacktreffen für Kulturschaffende anbieten. Außerdem werden Besuche bei mehreren Institutionen stattfinden, unter anderem bei Kunstlerhaus kat18, kaethe:k Kunsthaus, Sammlung Zander und Domid e.V..
Für Kölner Künstler*innen und Kurator*innen besteht die Möglichkeit, sich persönlich mit Zofia für ca. eine Stunde zu treffen, um eigene Arbeiten oder Projekte vorzustellen und ein Feedback zu bekommen.
Individuelle Anmeldung mit Angabe des Tages und der Uhrzeit bis Donnerstag, 11 September, 17 Uhr unter info@temporarygallery.org.
Zofia nierodzińska, PhD: Autorin, Kuratorin, bildende Künstlerin, Juniorprofessorin an der Kunstakademie in Stettin (Polen); stellvertretende Direktorin der Städtischen Galerie Arsenal in Posen zwischen 2017 und 2022; Chefredakteurin von Magazyn RTV, einer Plattform für Kunst und Aktivismus von 2019 bis 2024; Herausgeberin folgender Bücher: „Politics of (In)Accessibility” (2023), „Acting Together” (2022), „Creative Sick States: AIDS, CANCER, HIV” (2021). Ihre jüngsten kuratorischen Projekte waren: „FERNBEZIEHUNGEN” im Kunstverein Ost (KVOST), Berlin, und „Geographies of Collectivity in Times of Crises: Berlin, Vienna, Graz, Minsk, Kharkiv, Pristina” in der alpha nova&galerie futura, Berlin. Sie beschäftigt sich mit der Kunst postsozialistischer Länder, mit besonderem Schwerpunkt auf Barrierefreiheit und Migration. Sie studierte an der Universität der Künste in Posen (PhD) und an der Universität der Künste in Berlin (MA). Sie lebt und arbeitet in Berlin. Weitere Informationen unter: www.znierodzinska.com.
Über das Residenzprogramm:
Es wurde zu einem erklärten, wenn auch oft nur halbherzig verfolgten Ziel von Kultureinrichtungen, ihre eigenen Strukturen im Hinblick auf Diversität zu hinterfragen und zu erneuern. Diversität darf aber nicht nur ein zeitlich begrenztes Programm oder eine hippe Agenda sein, sondern muss tiefer greifen. Die Frage darf nicht nur lauten, wer Zugang zu kultureller Bildung und ihren Einrichtungen erhält, sondern wer überhaupt in der Lage ist, kulturelle und/oder kreative Arbeit als Berufsperspektive in Betracht zu ziehen.
Obwohl die sog. „Art brut“ – Kunst von Menschen mit einer psychischen Erkrankung oder einer geistigen Behinderung – sehr etabliert und hochgeschätzt ist, sind „Art brut"-Künstler*innen und ihre Kunstwerke aus der üblichen Kunstszene ausgeschlossen: „Art brut“ funktioniert als ein gesonderter Bereich der Kunstwelt mit eigenen Ausstellungen, an denen nur „Art brut“-Künstler*innen teilnehmen. Als Konsequenz treffen sich diese sehr selten mit Künstler*innen ohne Behinderung zusammen. Obwohl die Intention hinter „Art brut“-Ausstellungen sicherlich positiv und unterstützenswert ist, findet hier doch keine echte Inklusion statt – die Kunstwerke werden in separaten Ausstellungen „isoliert“, anstatt dass sie in Ausstellungen von Künstlern ohne Erkrankung oder Behinderung einbezogen werden. Um sich mit diesem Problem langfristig auseinandersetzen, initiierte die Temporary Gallery. Zentrum für zeitgenössische Kunst in Köln, ein Projekt, das auf Empowerment und Inklusion auf tieferem Niveau setzt: ein Residenzprogramm für Kulturschaffende mit dem Hauptziel: der Ausgrenzung sog. „Outsider Art“ langfristig entgegen zu wirken.
Das Ziel des Programms ist, mehrere internationale Kulturschaffende nach Köln einzuladen. Die Gäste besuchen Partnerinstitutionen und treffen Künstler*innen in ihren Ateliers . Zudem werden individuelle „Feedback-Sessions“ angeboten , Gespräche von etwa 1–2 Stunden Dauer, zu denen sich Kulturschaffende anmelden können. In einer Veranstaltung in der Temporary Gallery stellen die Residenten auch Ihre Arbeit vor.
Foto:
Katarzyna Wasowska