Residenzprogramm

Bärbel Lange „Heart of an old crocodile exploding over a small town”. Foto Simon Vogel.

Es wurde zu einem erklärten, wenn auch oft nur halbherzig verfolgten Ziel von Kultureinrichtungen, ihre eigenen Strukturen im Hinblick auf Diversität zu hinterfragen und zu erneuern. Diversität darf aber nicht nur ein zeitlich begrenztes Programm oder eine hippe Agenda sein, sondern muss tiefer greifen. Die Frage darf nicht nur lauten, wer Zugang zu kultureller Bildung und ihren Einrichtungen erhält, sondern wer überhaupt in der Lage ist, kulturelle und/oder kreative Arbeit als Berufsperspektive in Betracht zu ziehen.

Obwohl die sog. „Art brut“ – Kunst von Menschen mit einer psychischen Erkrankung oder einer geistigen Behinderung – sehr etabliert und hochgeschätzt ist, sind „Art brut“-Künstler*innen und ihre Kunstwerke aus der üblichen Kunstszene ausgeschlossen: „Art brut“ funktioniert als ein gesonderter Bereich der Kunstwelt mit eigenen Ausstellungen, an denen nur „Art brut“-Künstler*innen teilnehmen. Als Konsequenz treffen sich diese sehr selten mit Künstler*innen ohne Behinderung zusammen. Obwohl die Intention hinter „Art brut“-Ausstellungen sicherlich positiv und unterstützenswert ist, findet hier doch keine echte Inklusion statt – die Kunstwerke werden in separaten Ausstellungen „isoliert“, anstatt dass sie in Ausstellungen von Künstlern ohne Erkrankung oder Behinderung einbezogen werden. Um sich mit diesem Problem langfristig auseinandersetzen, hat die Temporary Gallery, Zentrum für zeitgenössische Kunst in Köln, im Jahr 2023 angefangen mit einer Idee zu arbeiten, die auf Empowerment und Inklusion auf tiefem Niveau setzt: ein Residenzprogramm für Kulturschaffende – in Kooperation mit mehreren Partnern aus Köln – mit dem Hauptziel: der Ausgrenzung sog. „Outsider Art“ langfristig entgegen zu wirken.

Die Kulturschaffende besuchen unsere Partnerinstitutionen treffen Künstler*innen in ihren Ateliers. Zudem werden individuelle „Feedback-Sessions“ angeboten, Gespräche von etwa 1-2 Stunden Dauer, zu denen sich Künstler*innen und Kurator*innen aus der Region anmelden können. In einer Veranstaltung in der Temporary Gallery stellen die Gaeste des Programms auch Ihre Arbeit vor. Wir hoffen dass das Projekt langfristig zur Stärkung der künstlerischen Szene in Köln beitragen wird. Denn eine bessere Vernetzung mit internationalen Kurator*innen erweitert die Möglichkeiten der in der Stadt ansässigen Künstler*innen, an Ausstellungen außerhalb Kölns teilzunehmen.

Das Projekt haben wir im Jahr 2023 – dank der Unterstützung der Bezirksregierung Köln – erfolgreich getestet, mit dem Kunsthaus KAT18 als Partnerinstitution. Wir haben das Kollektiv Sour Grass aus Barbados, Hubert Gromny aus Savvy Contemporary/Berlin und Luiza Proença, Kuratorin aus Brasilien eingeladen. Im Jahr 2024 koennen wir das Projekt dank der Unterstitzung der Stadt Koln (Förderprogramm: „Kultur – Diversity“) weiterfuehren und neue Kooperationspartner zum Projekt einladen.

Die Zusammenarbeit der Temporary Gallery mit dem Kunstlerhaus KAT18 ist die Fortsetzung einer bereits seit längerem bestehenden Beziehungen beider Institutionen. Die Künstler aus KAT18 nehmen regelmäßig an Gruppenausstellungen in der Temporary Gallery teil: Andreas Maus in „Köln um halb acht“, Bärbel Lange in „Heart of an old crocodile exploding over a small town“, Buket Sanati in der Ausstellung „Floraphilia. Revolution der Pflanzen“ oder Nicole Baginski in „Unruly Kinships“. Außerdem hat die Temporary Gallery ein Kunstwerk von Bärbel Lange produziert, das dauerhaft im Ausstellungsraum präsentiert wird: Ihre Arbeit ist ein großer Vorhang, der eine mysteriöse Schlange abbildet. Sie breitet ihren langen Körper über die gesamte Länge der Bühne im Ausstellungsraum der Temporary Gallery aus und bietet damit Sicherheit und künstlerische Inspiration. Im Jahr 2022 hat die Temporary Gallery außerdem die Kunstwerke von Buket Sanati in GIG Munich präsentiert.